„Wir möchten einen wirklichen Durchbruch erzielen“

Für Hunderte von seltenen Erkrankungen von Kindern gibt es keine Therapien. Das will iniuva ändern. Das Startup will mit seiner KI-Plattform die Entwicklungszeit von Medikamenten drastisch verkürzen, die Qualität der Wirkstoffe verbessern und die Kosten reduzieren. Unterstützt werden die Gründer aus dem InnoRampUp-Programm der IFB Innovationsstarter.

„MCADD“ lautet das Kürzel für die Stoffwechselerkrankung, die zum vorzeitigen Kindstod oder einer schweren Behinderung führen kann. Für die rund 80.000 Patientinnen und Patienten in Europa und den USA bestehen jetzt erstmals gute Chancen auf ein Leben ohne Einschränkungen. iniuva hat ein Arzneimittel entwickelt, das die Pharmaindustrie zur Zulassung bringen will. Ein erster Erfolg für das Startup, dessen Anliegen Professor Dr. Søren W. Gersting, Gründer und CEO, so beschreibt: „Wir wollen, dass unsere Forschungsergebnisse bei den Patienten ankommen und sie ein Medikament auf ihrem Nachttisch liegen haben, das ihnen hilft.“

Søren W. Gersting, CEO von iniuva

Der Mediziner weiß, wovon er spricht. Gersting ist einer der Leiter des Pädiatrischen Universitären Centrums für Innovative Therapien am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Seine Arbeitsgruppe forscht seit langem zu genetisch bedingten, seltenen Krankheiten und gehört zu den weltweit führenden Spezialisten auf diesem Gebiet. Rund 8.000 seltene Erkrankungen gibt es, davon sind etwa 80 Prozent durch Gendefekte verursacht.

Das Problem: Eben weil sie selten sind, ist es für die Pharmaindustrie zumeist unwirtschaftlich, Arzneimittel zu entwickeln und zu vermarkten. Zwischen 500 und 800 Millionen Euro kostet die Entwicklung eines Einzelmedikamentes, zudem fehlt es der Industrie an Expertise in dem Bereich seltener Erkrankungen. „Wir kennen uns mit ihnen aus, erproben die Wirkstoffe selber und lizensieren die Medikamentenkandidaten später an die Pharmaindustrie“, erläutert Gersting das Konzept von iniuva.

Das Startup setzt dabei auf die Kraft der KI. Ursache der Erkrankungen sind fehlgefaltete Proteine, die durch andere Proteine, sogenannte Chaperonen, auf molekularer Ebene stabilisiert werden sollen. „Zurzeit messen wir insgesamt 340.000 Substanzen durch und bekommen etwa drei Millionen Datenpunkte. Diese Datensätze sind weltweit einmalig und verschaffen uns einen Vorsprung“, sagt Gersting. Die KI ist in der Lage, qualitativ hochwertige Medikamentenkandidaten vorherzusagen sowie die Testphase und somit die Kosten erheblich zu reduzieren. Rund 15 Jahre dauert eine klassische Medikamentenentwicklung. iniuva, das mit dem in Kiew ansässigen Unternehmen Enamine Ltd kooperiert, möchte diesen Zeitraum auf nur noch vier Jahre reduzieren.

Molekül in der Bindetasche eines Zielproteins

Mit 150.000 Euro haben die IFB Innovationsstarter, eine Tochter der IFB Hamburg, im Rahmen des Programms InnoRampUp das Startup gefördert. Das Programm unterstützt technologisch hochgradig innovative Geschäftsmodelle aller Branchen bis zu zwei Jahre nach Gründung des Startups, sofern diese eine realistische Chance auf wirtschaftlichen Erfolg haben. iniuva nutzte die Förderung, um aus der Forschung vorhandene, aber sehr heterogene Daten zu homogenisieren und die KI zu trainieren. „Ohne die Förderung hätten wir diese Arbeit nicht umsetzen können. Sie war ein ganz wichtiger Baustein“, betont Gersting.

Inzwischen ist ein Investor in das Team eingestiegen, das aus Medizinern, Chemikerin, Biologin, Data Scientist und Apothekerin besteht. Gersting ist davon überzeugt, dass der Erfolg bei der Entwicklung einer MCADD-Therapie nur der Auftakt war. „Mithilfe der KI werden wir ganz viele neue Arzneimittel auf den Weg bringen. Das ist unser großes Ziel.“

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