Quantensprung in der Oberflächenmessung

„Ayríís“ heißt das Messgerät, das das Hamburger Traditionsunternehmen KRÜSS kürzlich auf den Markt gebracht hat, unterstützt durch die Förderung der IFB Hamburg. Es basiert auf einer selbst entwickelten Technologie, die sich als revolutionär erweisen könnte und komplett „made in Hamburg“ ist.

In der Welt der Oberflächen ist die Kontaktwinkelmessung ein zentraler Begriff. Dabei wird, vereinfacht gesagt, zur Qualitätssicherung die Tropfenform einer Testflüssigkeit auf einem Material bestimmt. Genauer: der Kontaktwinkel am Tropfenrand zur Oberfläche. Beim Lackieren von Pkw etwa ist ein flacher Tropfen gefragt, damit der Lack gut benetzt und wie vorgesehen haftet (kleiner Kontaktwinkel). Bei regenresistenten Outdoorjacken oder Teflonpfannen hingegen sollte der Tropfen möglichst kugelförmig sein (großer Kontaktwinkel). Schließlich ist ein Abperleffekt das Ziel. 

Messgerät „Ayríís“ zur genaueren Oberflächenmessung

„Die Bestimmung von Oberflächeneigenschaften ist genau das, was wir machen“, sagt Florian Weser, Geschäftsführer des Familienunternehmens KRÜSS mit Sitz in Groß Borstel, dessen Wurzeln bis in das Jahr 1796 zurückreichen. „Wir setzen mikroskopisch kleine Tropfen ab, die wir dann vermessen. Dieses Klassifizieren von Oberflächen ist nahezu für die gesamte produzierende Industrie interessant. Da ist ganz viel Musik drin.“

Seit Jahrzehnten schon erfolgt die Bestimmung des Kontaktwinkels und damit der Benetzungseigenschaften durch Messung der Seitenansicht. Dieses Verfahren hat jedoch seine Schwächen, insbesondere bei unebenen Flächen. Die im Markt verfügbaren Kontaktwinkelmessgeräte messen teils ungenau, sie sind bestenfalls für ebene oder gering gekrümmte Oberflächen geeignet.

Messgerät „Ayríís“ zur genaueren Oberflächenmessung

KRÜSS sah in diesen Unzulänglichkeiten eine Marktchance und Raum für Innovationen. Die Forschungsabteilung, die aus gut einem Viertel der 160 Mitarbeiter des Unternehmens besteht, entwickelte ein Verfahren, mit dem KRÜSS Neuland betrat. Statt eines zweidimensionalen Bildes von der Seite erzeugt das Verfahren eine dreidimensionale Darstellung von oben. „Wir projizieren mit LED-Licht eine Art Sternenbild auf den Messtropfen“, erläutert Florian Weser. „Anhand der Verformungen können wir mit einem komplexen Algorithmus exakt den Kontaktwinkel bestimmen. Das ist die Innovation.“

Dieses Verfahren ist die Grundlage für ein neues Messgerät mit Namen „Ayríís“, das in Hamburg produziert wird. Gegenüber herkömmlichen Geräten in der Qualitätskontrolle hat es gleich mehrere Vorteile: Es misst exakter, liefert sofort Resultate, ist einfacher in der Bedienung und geeignet auch für schwierige Oberflächen. 

Finanziert wurde die Forschung und Entwicklung mithilfe der IFB Hamburg durch das Förderprogramm PROFI (Programm für Innovation). „Die Förderung war ganz maßgeblich“, sagt Florian Weser. „Sie hat uns den Mut gegeben, ein größeres Risiko einzugehen und etwas wirklich Neues zu wagen.“ Mit 500.000 Euro hat die IFB Hamburg das Vorhaben gefördert, das entspricht rund 34 Prozent des Projektvolumens in Höhe von 1,47 Millionen Euro.

Beantragen können die Förderung Unternehmen jeglicher Größe und Branche sowie aller Technologiefelder, sofern sie neue oder wesentlich verbesserte Produkte, Verfahren oder auch Dienstleistungen zum Ziel haben. Bei Kooperationsprojekten in Verbund mit Hamburger Hochschulen oder Forschungseinrichtungen werden Zuschüsse von bis zu 1 Million Euro gewährt. PROFI Transfer heißt dieses Programm, während mit PROFI Standard Einzelprojekte mit bis zu 500.000 Euro unterstützt werden.

Ayríís ist erst seit Kurzem auf dem Markt. Noch ist nicht klar, ob sich das Produkt durchsetzen wird. „Das hängt von ganz vielen Faktoren ab“, meint Florian Weser. „Die Technologie ist potenziell revolutionär. Ich hoffe, dass wir bald nur noch von oben auf die Messtropfen gucken und nicht mehr von der Seite.“ 

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